15 UNSERE GESCHICHTEN der Transplantationskoordination mit acht Mitarbeiter:innen kümmert sich um alle organisatorischen Belange der Organempfänger:innen von der Aufnahme in die Warteliste bis zur rettenden Operation. DER RETTENDE ANRUF Bei Wolfgang Stelzhammer hat die Wartezeit viereinhalb Monate gedauert. Am 31.12.2011 wurde er bei Eurotransplant, der Vermittlungsstelle, die in acht europäischen Ländern – darunter auch Österreich – für die Zuteilung von Organen verantwortlich ist, auf die Warteliste für eine Leber gesetzt. Er litt damals unter einer erblich bedingten kryptogenen Leberzirrhose und sein eigenes Organ hätte sehr bald versagt. Am 12. Mai 2012 um 18 Uhr nahm der Familienvater den erlösenden Anruf aus Innsbruck entgegen. „In der Zeit des Wartens habe ich versucht, positiv zu bleiben. Ich hatte immer Vertrauen in das System. Aber ich hatte mit meiner Frau auch schon über notwendige Schritte nach meinem Ableben gesprochen. Als dann das Telefon klingelte und ich von der Spenderleber erfuhr, war es schon eine große Erleichterung und Aufregung zugleich“, so der Unternehmer. Für Transplantationskoordinatorin Anna Scheiber sind diese Telefonate immer besondere Momente in ihrem Arbeitsalltag: „Wir kennen die Lebensumstände der Menschen und freuen uns natürlich, wenn wir ein Organ anbieten können. Wir hoffen, dass alles gut geht, und das Organ dann auch wirklich transplantiert werden kann.“ Die Beteiligten empfinden aber nicht nur Freude, sondern auch Betroffenheit, weil allen klar ist, dass ein anderer Mensch gestorben ist. EINE NEUE LEBER ALS GESCHENK Bei strömendem Regen ging es kurz nach dem Anruf für Wolfgang Stelzhammer mit Blaulicht zur Operation nach Innsbruck. Der Chirurg, der den Eingriff damals vorgenommen hat, arbeitet mittlerweile an der Charité in Berlin. Derzeit bilden zwei Ärztinnen und vier Ärzte das Lebertransplantations-Team in Innsbruck. Eine:r ist rund um die Uhr erreichbar, falls ein Organ von Eurotransplant zugewiesen wird. „Kommt ein Organangebot von Eurotransplant, müssen wir als erstes entscheiden, ob wir das Organ akzeptieren. STEPHAN ESCHERTZHUBER leitet die Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Hall und ist der Regionale Transplantationsreferent für die Region West (Tirol, Salzburg, Vorarlberg und die Provinz Bozen). Außerdem ist er derzeit Vorsitzender des Transplantationsbeirates des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen (ÖBIG). Wer ist in Österreich Organspender:in? In Österreich gilt die sogenannte Widerspruchsregelung. Damit ist jede:r Organspender:in, sofern nicht zu Lebzeiten ein Widerspruch ausgedrückt wurde. Wenn eine Organspende in Frage kommt, sprechen die Mediziner:innen mit den Angehörigen und fragen, was die verstorbene Person gewollt hätte. Viele wissen es nicht genau, haben aber eine Vermutung, darauf wird Rücksicht genommen. Stehen ausreichend Spendeorgane zur Verfügung? Leider nicht. 2023 gab es in Österreich 16,6 Spender:innen pro Million Einwohner:innen. Das war der absolute Tiefstand seit 1986. Diese niedrige Zahl hat zur Folge, dass jährlich 60 bis 70 Menschen versterben, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten. Besonders prekär ist die Versorgungslage bei Nieren. Was ist ihrer Meinung nach wichtig für eine Verbesserung der Situation? Dass vor allem die Mitarbeiter:innen in den Krankenhäusern und besonders auf Intensivstationen und in Notfallaufahmen gut über Organspende und Transplantationsmedizin informiert sind und im Falle eines potenziellen Spenders tätig werden. In Tirol waren wir im Jahr 2024 mit 27,1 Spender:innen pro Million Einwohner:innen schon deutlich besser als der österreichische Durchschnitt. Das zeigt, dass wir viele engagierte Menschen in diesem Bereich haben. Sie sind einer davon und werden nicht müde, das Thema Organspende voranzutreiben. Ja, das stimmt. Diese Art der Medizin liegt mir persönlich sehr am Herzen. Tod und Leben liegen so nah beieinander. Es ist immer tragisch, wenn ein Mensch verstirbt, aber seine Organe können oft noch sehr viel Gutes bewirken. Am vierten Tag saß ich schon auf dem Ergometer. Wolfgang Stelzhammer ⟩⟩⟩ Stephan Eschertzhuber und Wolfgang Stelzhammer bei der Eurregiotour
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