5 EINE VON UNS ⟩⟩⟩ I st die Aufklärung einen Tag vor einem risikoreichen, nicht dringenden Eingriff ausreichend? Gilt die Verschwiegenheitspflicht auch, wenn die Ehepartnerin nach der Diagnose ihres verstorbenen Mannes fragt? Wie läuft das ab, wenn ich vor Gericht als Zeugin aussagen muss? – Die Fragen der jungen Ärztinnen und Ärzte sind vielfältig und konkret. Im heutigen Vortrag im Rahmen des tirol kliniken-Fortbildungsprogramms „MOVE“ für Ausbildungsärzt:innen stehen Berufsrechte und -pflichten sowie Arzthaftung auf der Agenda. Laura Webhofer steht am Redepult des Hörsaals und freut sich über das große Interesse am Thema. „Das erste Mal seit Corona findet der Vortrag wieder im Präsenzmodus statt, da entsteht eine ganz andere Dynamik und Diskussion als in einem Online-Meeting.“ Gekonnt übersetzt sie Paragrafen in alltagstaugliche Handlungsrichtlinien, wobei sie betont, dass es nicht auf jede Frage eine eindeutige Antwort gibt. Aber dazu später mehr. RECHT UND SOZIALKOMPETENZ „Zu Beginn des Jus-Studiums habe ich mich manchmal gefragt, ob ich nicht eher im Sozialbereich arbeiten möchte“, erinnert sich die Tirolerin zurück. „Aber die Rechtswissenschaften waren sehr spannend und hier in der Rechtsabteilung habe ich einen Job gefunden, in dem ich viel mit Menschen arbeite und intensiven Kontakt mit Mitarbeitenden habe. Reine Aktenarbeit würde mich beruflich nicht erfüllen.“ Zurück aus dem Hörsaal im 4. Stock des Verwaltungsgebäudes am Klinikareal beantwortet die 28-Jährige ein paar E-Mails und macht sich dann auf den Weg zum nächsten Termin. Einer ihrer fachlichen Schwerpunkte liegt im Gesundheits- und Medizinrecht. Dazu gehören Fragen der Arzthaftung, Aufklärungspflichten, aber auch allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen in Sachen Krankenhausbetrieb. „Gerade in diesen Rechtsgebieten sind wir als Rechtsabteilung Ansprechpartner für konkrete Fragestellungen aus dem Arbeitsalltag in den Krankenhäusern.“ Eine solche Anfrage führt Laura Webhofer deshalb jetzt in die psychiatrische Ambulanz. SERVICESTELLE FÜR MITARBEITER:INNEN „Sehr häufig sind wir mit den Intensivstationen oder eben auch den Mitarbeitenden der Psychiatrie im Austausch“, erzählt die Juristin. Gerade in diesen Bereichen tauchen im Kontext der Zurechnungsfähigkeit, Melde- und Anzeigepflicht aber auch der Versorgung von Patient:innen in lebensbedrohlichen Zuständen gesetzliche Grauzonen auf, die es zu klären gilt. „Das sind oft sehr individuelle Fragestellungen, die im Stationsalltag auftauchen. Viele Fragen betreffen Patientenverfügungen, Erwachsenenvertretungen oder tauchen im Zusammenhang mit Freiheitsbeschränkungen auf. Rechtliche Vorgaben und die Handhabung in der Praxis ergäben oft ein Spannungsfeld, erklärt Webhofer. „Was im Gesetz eindeutig formuliert ist, muss im konkreten Fall oft einfach individuell bewertet werden. Wir verstehen unsere Abteilung als Servicestelle und sind dafür da, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Berufsgruppen bei rechtlichen Fragestellungen im Berufsalltag juristisch zu beraten.“ FOKUS COMPLIANCE Webhofers zweiter Schwerpunkt ist die Compliance. Aber was bedeutet das eigentlich? „Es geht vor allem darum, dass wir als Unternehmen regelkonform und rechtstreu handeln. Regelkonformität bedeutet, dass wir geltende Gesetze, Richtlinien, Vorschriften und innerbetrieblich festgesetzte Verpflichtungen einhalten. Rechtstreue heißt, dass wir uns von ethischen und moralischen Werten leiten lassen. Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Loyalität prägen unser Handeln und unsere Entscheidungen“, erklärt die Juristin. Sensibilisierungsmaßnahmen in Form von Vorträgen und spezifischer Input für einzelne Abteilungen oder Bereiche sind dabei zentral. Ein großes Projekt, an dem Laura federführend mitarbeitet, ist der neue Verhaltenskodex: „Wir haben in einem interdisziplinären Team den Kodex über die letzten Monate erarbeitet. Der neue allgemeine Verhaltenskodex geht über Regelungen ⟩⟩⟩ Was im Gesetz eindeutig formuliert ist, muss im konkreten Fall oft einfach individuell bewertet werden. Laura Webhofer Vorträge und Infoveranstaltungen gehören für Laura Webhofer zum Berufsalltag.
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