HOCH3 #40 - Dezember 2025

19 UNSERE GESCHICHTEN Physiotherapeut Stefan Nessizius betreut Patient:innen auf der Internistischen Intensivstation. Gerade auf Intensivstationen passiert Genesung aber nicht nur liegend im Krankenbett. Bewegung mit Intensivpatient:innen ist das Spezialgebiet von Physiotherapeut Stefan Nessizius, der gemeinsam mit einer Kollegin Patient:innen auf der Internistischen Intensivstation an der Innsbrucker Klinik betreut. Das Konzept der Früh-Rehabilitation umfasst das Zusammenspiel gezielter Bewegungs- und Ruhephasen. BEWEGUNG, DIE RUHE STIFTET Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Beginnt die Rehabilitation frühzeitig – idealerweise innerhalb der ersten drei Tage – haben Patient:innen bessere Chancen auf einen positiven gesundheitlichen Verlauf und eine höhere Lebensqualität nach der Entlassung. „Der menschliche Körper braucht auch im künstlichen Tiefschlaf Bewegung“, erläutert Nessizius. „Bewegung nährt Knorpel und Gelenke, verhindert Muskelschwund und Gelenksteife.“ Den Körper in Bewegung zu halten, funktioniert auch passiv, die Physiotherapeut:innen führen die Bewegungen aus und bewegen beispielsweise Hände zur Schulter und zum Kopf, um die Gelenksfunktion und spätere Aktivität zu erhalten. Es hat sich gezeigt, dass diese Form der Frührehabilitation auch Delir entgegenwirken kann und dazu beiträgt, dass Patient:innen psychisch und physisch besser zurechtkommen und wieder zur Ruhe finden. „Wer traumatisiert und verwirrt ist, tut sich schwerer, in den Alltag zurückzufinden.“ DER WÄCHTER ÜBER DIE REGENERATION Für das Team um Nessizius ist die eigentliche Kunst der Therapie jedoch, Patient:innen nach einer Einheit wieder ausreichend Ruhe zu ermöglichen. Bewegung ist zwar essenziell, doch der Körper benötigt die Regeneration. Intensive medizinische Therapien, Pflege, Visiten, Ergotherapie und Logopädie fördern die funktionelle Verbesserung, zehren aber auch an den Ressourcen. Hier kommt die Ruhe als aktive Therapiekomponente ins Spiel. Der Physiotherapeut muss den richtigen Zeitpunkt und die richtige Dauer für die Belastung finden, gleichzeitig aber ein Übertraining vermeiden. Dafür arbeitet das Physio-Team mit einem Ampelsystem: Bewegung ist leicht möglich (grün), Vorsicht, Therapie nur reduziert oder unter erhöhter Wachsamkeit (gelb), strikte Ruhe (rot). Dann ist Bewegung aufgrund von Komplikationen untersagt. Die Therapeut:innen agieren gemeinsam mit der Intensivpflege also auch als „Wächter:innen der Ruhe“. Die Kombination aus gezielter Bewegung und geschützter Ruhe hat immer das Ziel, die Genesung im körperlichen Ausnahmezustand bestmöglich zu fördern - individuell und an jede Person angepasst.  Den Körper in Bewegung zu halten, funktioniert auch passiv, die Physiotherapeutinnen führen die Bewegungen aus und bewegen beispielsweise Hände zur Schulter und zum Kopf, um die Gelenksfunktion und spätere Aktivität zu erhalten. DIE „RUHE-STÖRUNG“

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