HOCH3 #40 - Dezember 2025

20 UNSERE GESCHICHTEN S auer, mittelscharf und extra scharf – Nicole Jalits hat drei Sorten Zuckerl stets griffbereit. „Der intensive sensorische Reiz dieser Schärfe im Mund ist eine Methode zur Selbstregulation“, erklärt die Diplompflegerin. „Der starke Geschmack lenkt die Aufmerksamkeit auf den Körper, weg von belastenden Gedanken oder Gefühlen.“ Auch bei großer Anspannung oder selbstverletzendem Verhalten kann das einfache Zuckerl bei der Impulsregulation helfen. „Zwischen ärztlichen Visiten, Psychotherapie und Bewegungsprogrammen müssen unsere Patientinnen und Patienten viel verarbeiten“, führt Jalits weiter aus. „Unsere Aufgabe in der Pflege ist es, präsent zu sein und individuell zu unterstützen.“ NADELN FÜR DAS NERVENSYSTEM Die scharfen Zuckerl sind dabei nur eine von vielen Maßnahmen im Repertoire des 14-köpfigen Pflegeteams rund um Nicole Jalits. Kälte in Form von Cool Bags oder auch Aromapflege setzt auf körperliche Reize zur Selbstregulierung in psychischen Ausnahmezuständen. Regelmäßig kommt auch die NADA-Therapie zum Einsatz. Diese spezielle Form der Ohr-Akkupunktur kann bei Entzugserscheinungen helfen, das Nervensystem beruhigen und wird auch bei Stress- und Angstzuständen eingesetzt. Angststörungen, Depressionen und Suchterkrankungen mit körperlichem Entzug – das sind häufige Diagnosen, mit denen die Menschen zur stationären Behandlung auf die A2 kommen. Die meisten bleiben 2-3 Wochen, manche auch länger. Sich bei psychischen Erkrankungen Hilfe zu suchen, fällt vielen Menschen immer noch schwer: „Mir kommt vor, die jüngere Generation tut sich leichter, aber ich sage immer, die Psyche ist genauso Teil des Körpers. Mit einem gebrochenen Bein geht auch jeder automatisch ins Krankenhaus.“ VERTRAUEN UND STRUKTUR Die Tirolerin arbeitet bereits seit 2014 auf der Station, im Frühjahr 2024 hat sie die Leitung seitens der Pflege überText: Teresa Lackner-Pöschl | Fotos: Gerhard Berger Wer an Pflegepersonen im Krankenhaus denkt, hat oft Bilder von Verbandswechsel, Infusionen oder Körperpflege im Kopf. Wie pflegt man aber Menschen mit psychischen Erkrankungen? Nicole Jalits ist Leitende Diplompflegerin auf der Allgemeinpsychiatrischen Aufnahmestation A2 am Landeskrankenhaus Hall und hat der HOCH³ von ihrer Arbeit erzählt. ZUHÖREN, ZEIT UND SCHARFE ZUCKERL Der gute Austausch im interdisziplinären Team und die Gespräche mit Patient:innen stehen auf der A2 im Fokus. Nicole Jalits (i.d. Mitte) ist seit 2014 auf der Station im Einsatz.

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