21 UNSERE GESCHICHTEN nommen. Eine wiederkehrende Tagesstruktur und ein klarer Therapieplan bestimmen den Stationsablauf – erstellt in enger Abstimmung des Ärztlichen Teams mit Pflege, Psychologie, Ergo- und Physiotherapie. „Viele Betroffene hoffen, dass Medikamente die Lösung sind. Die eine Wunderpille gibt es aber leider nicht“, so Jalits. Medikamente können fixer Bestandteil der stationären Behandlung sein, aber „es geht vor allem in der Pflege um viel Struktur und darum, einen neuen Alltag zu finden.“ Auf der Station sind die Pflegefachkräfte dafür die zentralen Bezugspersonen. „Der Aufbau von Vertrauen ist die Grundlage für Fortschritte in der Therapie“, teilt Jalits ihre Erfahrungen. Dafür brauche es Zeit und viele Gespräche. KEINE TABUTHEMEN „Wir hören viel zu und greifen auch aktiv Themen im Gespräch auf. Es gibt bei uns keine Tabuthemen.“ Ich traue mir selbst nicht mehr. Ein Satz, den Nicole Jalits immer wieder von Patient:innen hört. Dann heißt es, im Team zu reagieren, da sein und sicherstellen, dass Menschen sich nicht selbst oder gar andere gefährden. Mit Patient:innen über die erlebten Traumata oder Suizidgedanken zu sprechen, ist fachlich wie emotional fordernd. Für Pflegekräfte auf psychiatrischen Stationen gehört der Einsatz von Deeskalationstechniken und Krisenintervention zu den zentralen Kompetenzen. Der enge persönliche Bezug erfordert umgekehrt auch eine gewisse Abgrenzung. „Für die eigene Gesundheit ist es wichtig, bei sich zu bleiben. Ich musste lernen, dass die Geschichten der Menschen auf der Station nicht meine Geschichten sind. Wir haben glückerweise ein tolles Team und können im guten Austausch viel miteinander verarbeiten.“ OFFENBLEIBEN Als große Herausforderung in ihrem Berufsalltag sieht es die erfahrene Pflegekraft, Patient:innen gegenüber offen zu bleiben und nicht abzustumpfen. Die Motivation dazu findet sie immer wieder in, manchmal überraschenden, Erfolgsgeschichten: „Vor Jahren hatte ich eine Patientin, bei der dachte ich mir nicht, dass sie es aus der Sucht herausschafft. Immer wieder kam sie auf unsere Station, nach der Entlassung ein Rückfall und ein paar Monate später war sie wieder da. Irgendwann kam sie nicht mehr und ich befürchtete, dass sie jetzt gestorben sei. Vor Kurzem, also Jahre später, hat mir jemand Grüße von der Patientin ausgerichtet. Sie lebt, hat einen Job und es geht ihr gut. Das hat mich wirklich sehr gefreut und mich wieder daran erinnert, dass jeder Mensch individuell ist und ich in meiner Arbeit eine offene und aufgeschlossene Haltung bewahre.“ Malen, Handwerken oder Puzzlen – ein breites Angebot Beschäftigung, Ablenkung und sozialer Interaktion unterstützen Therapeut:innen und Pflegepersonen auf der Allgemeinpsychiatrischen Aufnahmestation A2. Großzügiger Aufenthaltsraum, Terrasse und The- rapieräume: Patient:innen auf der Station halten sich viel in den Gemeinschaftsbereichen auf. ⟩⟩⟩ PFLEGE IN DER PSYCHIATRIE Die Ausbildung zur psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege wird an der fh gesundheit in Form eines Akademischen Lehrgangs (3 Semester) oder eines CAS-Lehrgangs (2 Semester) aufbauend auf die Ausbildung zur Allgmeinen Gesundheits- und Krankenpflege angeboten. Alle Infos dazu auf www.fhg-tirol.ac.at
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