News

Hat der Lungenkrebs seinen Schrecken verloren?

Hat der Lungenkrebs seinen Schrecken verloren?

29.05.2017
Diese Frage mit ja zu beantworten ist sicherlich verfrüht, aber bei früher Erkennung und dank neuer Operationsmethoden sind die Chancen für Betroffene in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

„Die Innsbrucker Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie hat bereits 2009 als erste Chirurgie Österreichs mit der sogenannten VATS (Videoassistierte Thoraxchirurgie) Operationsmethode begonnen und daher sind wir heute ein führendes europäisches Zentrum für diese Form der Lungenchirurgie“, betont Thomas Schmid, stv. Direktor der Innsbrucker Chirurgie und Organisator des Kongresses, „und wir geben dieses Wissen in unseren, heuer seit fünf Jahren bestehenden VATS-Operationskursen, an Kolleginnen und Kollegen aus ganz Europa weiter.“

Der sogenannte „therapeutische Nihilismus“, wie Schmid die Ohnmacht früherer Jahre gegenüber dem Lungenkrebs zusammenfasst, ist heute kein Thema mehr. „Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Bei rechtzeitiger Diagnose eines Lungenkrebses ist die Prognose für den Patienten heutzutage ausgezeichnet“, so der Lungenchirurg, der auch die, mit über 1.500 TeilnehmerInnen weltgrößte Tagung (28. – 31. Mai 2017) seines Spezialgebiets nach Innsbruck gebracht hat.

Insgesamt werden in Tirol bis zu 350 Neuerkrankungen pro Jahr registriert. Eine Zahl, die nicht sein muss. „Für mich als Arzt ist es nicht leicht zu akzeptieren, dass wir es auf der einen Seite mit einem äußerst aggressiven Krebs zu tun haben, der aber auf der anderen Seite einen so klaren und vermeidbaren Risikofaktor hat und zwar das Rauchen“, findet der Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie, Dietmar Öfner-Velano, deutliche Worte. „Wobei Raucherinnen und Rauchern auch klar sein muss, dass Lungenkrebs nicht die einzige Krebsart ist, die durch das Rauchen begünstigt wird.“

Neben anderen Umweltfaktoren ist das Rauchen mit Abstand der größte Risikofaktor für die Entstehung von Lungenkrebs. Unterschätzt wurden in den vergangenen Jahren allerdings die negativen Folgen des Passiv-Rauchens, die deutlich stärker sein dürften als bisher angenommen. Ein weiteres negatives Phänomen können die MedizinerInnen derzeit beobachten. „Frauen holen deutlich auf. Dabei handelt es sich um Beobachtungen, die auch meine Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fächern der Medizin machen“, erklärt Öfner-Velano. „So wie z. B. der weibliche Herzinfarkt immer häufiger vorkommt, so steigen auch die Lungenkrebs-Erkrankungen bei Frauen immer mehr an. Gesamt gesehen liegt Österreich im Mittelfeld.“

Info VATS-Chirurgie

Bei der VATS handelt es sich um eine minimal-invasive Operationsmethode für Eingriffe an der Lunge. Für die PatientInnen bietet diese Form der „Knopflochchirurgie“ große Vorteile. Dadurch, dass nur kleine Hautschnitte notwendig sind, bleiben auch nur kleine Narben zurück, was deutlich weniger Schmerzen bedeutet und in weiterer Folge auch die Rehabilitationszeit signifikant verkürzt. In Innsbruck werden 95 Prozent aller LungenkrebspatientInnen mit Hilfe dieser Methode operiert. Ist der Krebs in einem frühen Stadium, dann haben Betroffene inzwischen gute Chancen (80 Prozent überleben die ersten fünf Jahre nach der Diagnose). „Dazu kommen die inzwischen flächendeckend eingeführten Tumorboards, in denen wir mit allen notwendigen Disziplinen zusammenarbeiten. So können wir sicherstellen, dass individuell die richtige Therapie gewählt wird“, so Schmid. „Immerhin werden 2/3 aller LungenkrebspatientInnen erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt.“

Wichtig ist den MedizinerInnen zum Abschluss noch ein Aufruf an ihre niedergelassenen KollegInnen und alle RisikopatientInnen, immer an die Möglichkeit von Lungenkrebs zu denken. Vor allem bei RaucherInnen oder wenn ein chronischer Husten und vermehrte Infekte vorliegen. Lungenkrebs bietet kaum Möglichkeiten zur Früherkennung. Sicherheit kann nur ein CT bringen. Wir müssen alles daran setzen, den Tumor in einem frühen Stadium zu diagnostizieren.

Foto (tirol kliniken/Seiwald): ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Schmid (stv. Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie), Univ.-Prof. Dr. Dietmar Öfner-Velano (Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie), Prof. Dott. Enrico Ruffini (Universität Turin) vlnr.

Zum Archiv