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Moderne Intensivmedizin

Moderne Intensivmedizin

06.06.2017
Die individualisierte Medizin ist inzwischen aus vielen Disziplinen nicht mehr wegzudenken. Einen besonderen Stellenwert hat dieser Trend auch auf der Internistischen Intensivstation der Innsbrucker Klinik, wobei die Station auch bei der Zusammenarbeit mit den Angehörigen österreichweit eine Vorreiterrolle einnimmt.

„Jeden Tag zur vereinbarten Zeit startet das Angehörigen-Telefon“, erklärt Regina Oberthaler, die Pflegeleiterin der Internistischen Intensivstation, eine der 16 Intensivstationen der Klinik Innsbruck. Was unspektakulär klingt, ist ein österreichweit einzigartiges Angebot für PatientInnen und deren Angehörige, das einen für Krankenhäuser ungewöhnlichen Servicecharakter hat. Immer um die gleiche Zeit am Vormittag rufen die verschiedensten Pflegekräfte der Station die Angehörigen ihres jeweiligen Schützlings an und informieren sie über den Verlauf der Nacht, über Besonderheiten und spezielle Vorkommnisse. „Die Familien daheim wissen diesen Service enorm zu schätzen und das Schöne ist, dass es auch für uns eine Erleichterung ist. Wir haben so einen definierten Zeitraum für die wichtige Aufgabe der Angehörigen-Info“, erklärt Oberthaler.

Ein weiterer, österreichweit in dieser Konsequenz einzigartiger Service ist das „Intensiv-Tagebuch“. Es liegt neben den PatientInnen am Bett und die MitarbeiterInnen der Station schreiben dort hinein. Nichts Medizinisches, sondern Beobachtungen, Besonderheiten, Erlebnisse mit dem Betroffenen. Nach der Entlassung wird es den PatientInnen mitgegeben und hilft ihnen, die „Lücken zu füllen“.

Warum der Beruf des/der PatientIn eine Rolle spielt
„Der enge Kontakt zu den Angehörigen ist für unser gesamtes Team enorm wichtig“, erzählt Oberthaler weiter und belegt das mit einem eindrücklichen Beispiel: „Wir hatten vor einiger Zeit einen Patienten, der immer um zwei Uhr morgens unruhig und wach wurde und nicht weiterschlafen konnte. Dank des engen Kontakts unseres Teams mit der Familie wussten wir aber natürlich, dass das kein medizinisches Problem war. Der Mann war Bäcker und das war sein normaler Schlafrhythmus.“ Derartiges Wissen über die PatientInnen kann also direkten Einfluss auf die Behandlung haben.

Aber auch der medizinische Alltag ist heute anders als vor einigen Jahren. So ist zum Beispiel die Diagnostik schneller und besser geworden. Gerade auf der Internistischen Intensivstation haben es die MedizinerInnen oft mit schweren lebensbedrohlichen Infektionen zu tun. Während früher mit großzügigem Einsatz von Breitbandantibiotika dagegen angekämpft wurde, ist die Therapie heute gezielter und damit effektiver. „Heute können wir dank Biomarkern und anderen Parametern innerhalb weniger Stunden die Art der Infektion feststellen und effektiv bekämpfen. Derartige Biomarker sind für uns auch Alarmsignale für ein drohendes Organversagen. Das gibt uns die entscheidenden Minuten, um noch rechtzeitig gegenzusteuern“, erklärt Joannidis.

Schneller wach, früher fit
Ein weiterer großer Schritt in den letzten Jahren ist die Mitarbeit der PatientInnen. Früher wurden Betroffene lange im künstlichen Tiefschlaf gehalten, um in Ruhe gesund werden zu können. Heute weiß man, dass es besser ist, die PatientInnen früh wach werden zu lassen und sie in ihre Behandlung nach Möglichkeit einzubinden. Am besten gemeinsam mit den Angehörigen. Das beugt psychischen Problemen vor, aber auch körperlichen wie Wundliegen oder andere Begleiterkrankungen. Natürlich alles immer auf jede/n PatientIn
individuell abgestimmt.

„Natürlich sind es auch technische Fortschritte, die es uns erlauben, diese individuelle Betreuung zum Wohle jeder Patientin und jedes Patienten einzusetzen“, so Joannidis weiter. Lungenversagen war früher gleichzusetzten mit künstlichem Tiefschlaf und mechanischer Beatmung. Heute stellen wir individuelle Beatmungspläne auf. Beatmung über Maske oder Tubus? Beatmung oder Elimination von CO2 bzw. Verbesserung des Sauerstoffgehaltes im Blut über eine Blutwäsche? Wie lange? In welcher Liegeposition? Wann beginnt die
Mobilisierung?

Hier nimmt die Internistische Intensivstation der Innsbrucker Klinik in Österreich eine Vorreiterrolle ein. „Führend im deutschsprachigen Raum sind wir auch bei der Behandlung des akuten Nierenversagens das bis zu 50 Prozent aller Intensivpatienten betrifft. Es stellt sich nicht mehr bloß die Frage, ob man eine Blutwäsche bei Nierenversagen durchführen soll oder nicht, sondern auch wie man die Behandlung der einzelnen Patienten so optimiert, dass ein Nierenversagen noch verhindert oder zumindest abgefangen werden kann“, sagt der Leiter der Intensivstation. Die Abteilung ist auch Teilnehmer an der weltweit ersten Studie, die versucht ein beginnendes Nierenversagen bei Sepsis (Blutvergiftung) medikamentös zu verbessern, wobei Joannidis selbst am Studiendesign mitgewirkt hat.

Genau diese individuellen Behandlungsstrategien sind auch Thema bei der morgen startenden Tagung der deutschen und österreichischen Gesellschaften für Internistische Intensivmedizin im Congress Innsbruck.

Am morgigen 7. Juni findet von 09:30 – 16:00 Uhr außerdem ein Tag der offenen Tür zum Thema Intensivmedizin im Congress Innsbruck statt. Gezeigt werden intensivmedizinische Arbeitsplätze mit voller technischer Ausstattung. BesucherInnen können außerdem an einer Puppe Reanimationsmaßnahmen oder den Einsatz eines Defibrillators üben. Über eine Ankündigung würden wir uns sehr freuen.

Fotos:
Station (Gerhard Berger)
Oberthaler_Joannidis, Oberthaler, Joannidis (tirol kliniken/schwamberger)

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