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Wenn Chirurgen von Chirurgen lernen

Wenn Chirurgen von Chirurgen lernen

17.06.2019
Seit den 80er Jahren operieren ChirurgInnen laparoskopisch. NeurochirurgInnen dagegen haben diese Technik erst vor wenigen Jahren für ihren Bereich übernommen. Umgekehrt ist das Färben und Markieren von Gefäßen und Tumoren währen der Operation für die NeurochirurgInnen altbewährte Praxis. Jetzt entdecken die ChirurgInnen diese Methode für sich.

„Neulich bin ich als Neurochirurg bei einem Chirurgenkongress in einem Vortrag über Roboterchirurgie gesessen. Eine Methode, die bei uns quasi kein Thema ist. Aber schon während des Vortrags kommen mir Ideen, wo wir das nicht überall in unserem Bereich einsetzen könnten", erklärt Claudius Thomé, Direktor der Innsbrucker Neurochirurgie und Kongresspräsident seine Herangehensweise. Die Medizin hat sich in immer kleinere hochspezialisierte Bereiche entwickelt, was für die PatientInnen natürlich ein Vorteil ist. MedizinerInnen können aber untereinander Methoden abschauen. Was in einem Fach Routine ist, ist im anderen vielleicht noch kein Thema, könnte aber eine gute Methode der Zukunft sein. „Interdisziplinarität wird seit vielen Jahren großgeschrieben. Chirurgen arbeiten mit Internisten immer enger zusammen. Aber die chirurgische Intradisziplinarität, also Fächer, bei denen das chirurgische Handwerk einen wesentlichen Anteil der Therapie ausmacht, die ist auf der Strecke geblieben", bringt es Dietmar Öfner-Velano, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie auf den Punkt. Genau hier soll der Kongress ansetzen.

Knopfloch-Chirurgie im Kopf

Einen Blinddarm oder eine Gallenblase minimalinvasiv durch ein kleines Loch im Nabel zu entfernen ist für ChirurgInnen Tagesgeschäft. Mit einer kleineren Version dieses Geräts durch ein minimales Loch im Schädel in das Gehirn vorzudringen war bis vor kurzem in der Neurochirurgie noch komplettes Neuland. „Ich bin überzeugt davon, dass es über alle schneidenden Fächer hinweg Methoden gibt, die es wert sind, sich über die Fachgrenzen hinweg genauer anzusehen", sagt Thomé. Öfner-Velano pflichtet ihm bei: „Seit vielen Jahren färben Neurochirurgen während des Eingriffs das Gewebe ein um Tumorreste im Gehirn sichtbar zu machen. Eine Methode, die sich seit kurzem jetzt auch bei uns immer mehr verbreitet."

Auch im Intensivbereich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den schneidenden Fächern. Hier ist diese Gemeinsamkeit allerdings eine Forderung: „An den Universitätsstandorten Wien, Graz und Innsbruck gibt es Chirurgische Intensivstationen, die von Chirurgen mit Zusatzausbildung in Kooperation mit Anästhesisten geführt werden. Diese Möglichkeit der Spezialausbildung fehlt im Rahmen der neuen Ausbildungsordnung, wobei in unseren Augen Kompetenz verloren geht und wir würden im deutschsprachigen Raum deutlich benachteiligt werden.

In Innsbruck gibt es hochspezialisierte Intensivstationen für Neurochirurgie, Chirurgie inklusive der Transplantationschirurgie und Herzchirurgie", erklärt Öfner-Velano.

Der Radiologe im OP

Ein Thema wird in vielen chirurgischen Fächern immer wichtiger und stellt vor allem eine deutliche Erleichterung für die Betroffenen dar: Die intraoperative Bildgebung. ChirurgInnen machen Ultraschalluntersuchungen an der freigelegten Leber. NeurochirurgInnen haben im OP ein CT zur Verfügung, wo PatientInnen während der Operation untersucht werden.

„Wir ersparen den Patienten damit einen zweiten Eingriff," erklärt Öfner-Velano, „da wir noch während der Operation Besonderheiten feststellen können."

Künstliche Intelligenz hilft bei der Diagnose

Nicht mehr nur Zukunftsmusik ist die Hilfe durch künstliche Intelligenz bei der Diagnose. Diese lernenden Programme können CT-Bilder von PatientInnen scannen und automatisch Tumorbereiche erkennen und die MedizinerInnen unterstützen. „Da wird sich die Medizin hin entwickeln," ist Thomé überzeugt. „Lasermikroskope, die während ich den Patienten operiere das Gehirn abtasten und mir Tumorgewebe virtuell markieren, während wir jetzt schon die umliegenden Gefäße aufleuchten lassen um diese nicht zu verletzen."

Die gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen allen medizinischen Fachdisziplinen in den tirol kliniken/Universitätskliniken ist eine der großen Stärken dieses Standortes und genau dieser Vorteil ist es auch, der jetzt beim 60. Österreichischen Chirurgenkongress vom 19.-21. Juni im Fokus steht.

Foto: tirol kliniken/Seiwald

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