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Stumm gibt‘s nicht …

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Stumm gibt‘s nicht …

15.04.2021
Anlässlich des Tages der Stimme am 16. April berichtet Patrick Zorowka, Klinikdirektor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen über die Stimme und Zusammenhänge, die oftmals gar nicht so bekannt sind … zum Beispiel, dass es stumme Menschen gar nicht gibt.

Innerhalb von 30 bis 40 Sekunden machen wir uns auf Grund der Stimme ein Bild einer Person. Die Stimme verrät das Geschlecht, die Herkunft ebenso wie den Gemütszustand. Die Belastungsgrenze der Stimme hat sich im letzten Jahrhundert stark verändert. Mit der Verschiebung von den handwerklichen Berufen hin zu den Dienstleistungsberufen wurde der Anspruch an die Stimmbelastbarkeit um ein Vielfaches gesteigert. In vielen Berufen muss man in der heutigen Zeit fünf bis sechs, in manchen Berufen auch bis zu acht Stunden ohne wesentliche Unterbrechung sprechen. Das sind ganz schöne Anforderungen an das Stimmorgan.

Stimme und Hormone

Die Stimme wird von Hormonen zeitlebens beeinflusst. Das betrifft nicht nur die geschlechtsspezifische Stimmveränderung in der Pubertät, sondern auch hormonelle Schwankungen in der Schwangerschaft oder während der Menstruation bei Frauen. Die sogenannte Alterstimme betrifft Männer und Frauen im unterschiedlichen Maße mit einer weniger tragfähigen Stimmgebung.

Stimme und Medikamente

Vielfach unbeachtet ist der Einfluss von Medikamenten auf die Stimme. Hier handelt es sich oft um sehr gebräuchliche Medikamente beispielsweise bei Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen, die als Nebeneffekt eine Reizung bzw. austrocknenden Effekt der Schleimhäute oder eine Tonusminderung des Stimmorgans zur Folge haben können.

Stimme und Erkrankungen

Heiserkeit ist das Hauptsymptom einer Stimmstörung und wird zumeist durch eine Erkrankung des Kehlkopfes und deren Stimmbänder verursacht. Wenn diese mehr als zwei bis drei Wochen anhält, sollte in jedem Fall ein Facharzt konsultiert werden. Dann müssen ernstere Ursachen abgeklärt und ausgeschlossen werden. Viele Menschen leiden an einem Reflux; oft auch unerkannt, der zu einer permanenten Reizung und Erkrankung des Kehlkopfes führen kann. Ein zwanghaftes Räuspern, eine belegte Stimme und Husten können Anzeichen hierfür sein. Asthma, COPD und andere Atemwegsbeschwerden sind weitere Erkrankungen, die auch zu Stimmstörungen führen können. Die meisten der Störungen können medikamentös oder durch eine logopädische Behandlung erfolgreich beseitigt werden. „Bei organischen Veränderungen, wie beispielsweise Polypen, Ödemen oder Tumoren ist eine stimmverbessernde oder wiederherstellende Operation oftmals notwendig“, so Zorowka.

Stimme und Maske

Für Menschen mit Stimmproblemen ist der Mund-Nasenschutz in der Pandemie eine zusätzliche Behinderung im Alltag. Durch die dämpfende Wirkung muss lauter gesprochen werden, was die Stimme zusätzlich belastet. Das ungehinderte Atmen, eine wichtige Voraussetzung der Stimmbildung, wird durch das lange Tragen erschwert, was auch Menschen ohne Stimmprobleme merken.

Aphonie

„Landläufig als stumm bezeichnete Menschen gibt es eigentlich nicht“, erklärt der Klinikdirektor. Es gibt die sogenannte Aphonie (Stimmlosigkeit), eine schwere Störung bei der Stimmbildung. Aber auch stimmlosen PatientInnen nach einem teilweisen oder totalen Kehlkopfverlust durch einen bösartigen Tumor kann eine Ersatzstimme ermöglicht werden. Die Stimmrehabilitation wird durch operative Maßnahmen und logopädische Übungen mit Ersatzstimmtechniken erreicht.

Gutes tun

Was kann man tun, um seine Stimme zu schützen? „Stimmhygiene ist hier das Stichwort“, so Zorowka. Ausreichend Wasser oder Kräutertee trinken, in angemessener Lautstärke und Tonhöhe sprechen, Stimmruhepausen einlegen, kalte Atemluft meiden, ebenso Nikotin- und übermäßigen Alkoholkonsum vermeiden sind einige der gängigen und wirkungsvollsten Hilfen. Sollte die Stimme angeschlagen sein, helfen Hausmittel wie Wärme, Kräutertees, Salzwasser zum Inhalieren und Stimmschonung bzw. Ruhe am besten. Nicht verwenden sollte man Lutschpastillen mit ätherischen Ölen und Kamillentee, diese reizen die Schleimhäute und trocknen zusätzlich aus.

Größtes Zentrum Österreichs

Die Innsbrucker Universitätsklinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ist Österreichs größte Facheinrichtung für Phoniatrie, Logopädie, Audiologie und Pädaudiologie und eines der wichtigsten Zentren in Europa. Die HSS-Klinik bietet auch eine eigene Stimmsprechstunde für Berufssprecher und Berufssänger an: Universitätsklinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen - Stimmstörungen (tirol-kliniken.at)

Bildnachweis: Innsbrucker Univ.-Klinik für HSS

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